Hans Feigenwinter, Pianist, Bänz Oester, Bassist, Norbert Pfammatter, Schlagzeuger

 Feigenwinter 

 Oester 

 Pfammatter 

  Zurück

Tages-Anzeiger

Peter Bürli, 4. Oktober 1996


Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review
Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review

Flüchtig wie GAS
Hans Feigenwinter im «Moods»

Great American Songs, oder in der Kurzfassung GAS, spielte der Basler Pianist Hans Feigenwinter im klassischen Jazztrio mit Klavier, Bass und Schlagzeug am Mittwoch im Jazzclub «Moods»

Der 31-jährige Basler Pianist Hans Feigenwinter ist immer für Überraschungen gut: Selbst einem so ausgelutschten Standard wie «How High The Moon» vermag er noch unerhörte Nuancen abzugewinnen. Er dreht und wendet das Thema und seine Motive mit fast kindlicher Unschuld, dehnt da eine rhythmische Figur, komprimiert dort eine andere und verändert mit scheinbarer Zufälligkeit die Intervallstruktur. Bei diesem Spielen mit dem Rohmaterial scheint sich Hans Feigenwinter selbst der aufmerksamste Zuhörer zu sein. Mit diesem Sich-fallen-Lassen in improvisatorische Experimente zwingt er sich selbst zur raschen Reaktion, zum Auffangen des Unerwarteten. Dabei verliert er in keinen Moment sein ausgeprägtes Formbewusstsein, das ihn als Komponist wie als Improvisator auszeichnet und mit dem er in den letzten Jahren immer wieder Jazzgrössen von Chico Freeman bis zu Woody Shaw verblüfft und begeistert hat.

Mit Great American Songs wie «How High The Moon», «Smoke Gets In Your Eyes», «You’d Be So Nice To Come Home To» und «All The Things You Are» und den Bronislav-Kaper-Klassikern «On Green Dolphin Street» und «Invitation» exerzierte Feigenwinter seine improvisatorischen Ansätze durch. Ein hlbes Dutzend Kleinode der Songwriter-Kunst zerlegte er mit Präzision, Können und viel Liebe zum Detail. Kongeniale Partner waren ihm dabei der Kontrabassist Bänz Oester und der Schlagzeuger Norbert Pfammatter, die sich auch als vitale Solisten zu profilieren vermochten.

Doch damit nicht genug. Der erste Teil dieses in der «Modds» Porträt-Serie angesetzten Konzerts war ganz dem Solisten Hans Feigenwinter reserviert. Was vor Publikum eine Premiere war, das ist dem Pianisten vom Üben im stillen Kämmerlein her bestens vertraut, das freie Phantasieren ohne vorgefertigte Strukturen. Und auch hier bewies der technisch sehr versierte Jazzer eine erstaunliche musikalische Reife. Aus einem bohrenden Oktavmotiv entwickelte er im ersten Anlauf einen nicht abreissenden Strom von Ideen, dessen Fluss er nach einiger Zeit sehr genau zu kontrollieren vermochte. «Momente» nannte Feigenwinter seine drei Improvisationen. Es waren Momente flüchtig wie Gas. Eis Gas, das seine Zuhörerinnen und Zuhörer – wohl kaum zufällig eine grosse Anzahl von Musikern, die Feigenwinter als Partner kennen und schätzen – nur allzu gerne in sich aufsogen.