Hans Feigenwinter, Pianist, Bänz Oester, Bassist, Norbert Pfammatter, Schlagzeuger

 Feigenwinter 

 Oester 

 Pfammatter 

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Berner Woche

Tom Gsteiger, 24. Mai 1999


Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review
Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review

Dampfzentrale /
Great American Songs mit dem Trios GAS

Existentielles Knistern

Genial? Zumindest verdammt nahe dran: Der Basler Pianist Hans Feigenwinter präsentiert mit dem Trio GAS Standards im Höhenflug.

Wedern die guten alten Broadway-Songs der Herren Porter, Kern, Gershwin et al. vom Trio Motian-Frisell-Lovano einer sanften und doch radikalen Dekonstruktion unterzogen und von Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette zum Ausgangspunkt für einzigartige Musik-Levitationen genonnem, so bewegen sich Hans Feigenwinter (Piano), Bänz Oester (Bass) und Norbert Pfammatter (Drums) eher in der «Direttissima» auf «Stella By Starlight», «Laura», «On grenn Dolphin Street», usw. zu.

Das Trio GAS steht für fulminanten Piano-Trio-Bop der Extraklasse – auf der Höhe der Zeit, jenseits von Traditionsimitation und -zertrümmerung! Feigenwinter, Oester und Pfammatter verharren weder in epigonaler Starre noch geht es ihnen um Originalität auf Teufel komm raus, vielmehr beweisen sie mit instrumentaler Könnerschaft und grossem Ideenreichtum die Zeitlosigkeit schnörkelloser Jazzimprovisationskunst. Die langjährigen Partner Oester und Pfammatter bilden ein facettenreich agierendes Heavyweight-Drive-Tandem: hier der Fundamentalbassist mit Haden-Touch, dort der «Schub-Drummer», der seinen polyrhythmischen Furor druckvoll und differenziert zu entfalten weiss. Zusammen mit Feigenwinter bilden sie seit einigen Jahren die Luxus-Rhythmusgruppe des Althaus-Schönhas-Express, einer dem orientalisch und balkanisch angehauchten Modal-Jazz verplichteten Gruppe. Und nun treten sie also im Trio mit «Great American Songs» an. Der nie um gute Ideen verlegene Feigenwinter, der in der letzten Zeit in Bern mit ZAP und Bänz Oester’s Snow of Tomorrow zu hören war, bewies bei der Basler GAS-Premiere im Februar seine atemberaubende improvisatorischen Fähigkeiten: Er verfügt über eine enorme rhythmische Insistenz, einen schier unerschöpflichen melodiös-linearen Einfallsreichtum und einen unbestechlichen Formwillen, als «instant composer» integriert er seine Augenblickseingebungen in dramatische Spannungsbögen und verleiht seinen Soli eine stringente Struktur. Dabei knüpft Feigenwinter besonders stark beim Bebop-Existentialisten Bud Powell an, mit dem er eine Vorliebe für knisternde und gestochen scharfe «singlenote»-Exkurse teilt, daneben orientiert er sich an Lennie Tristanos linearer Komplexität und verarbeitet Ideen Keith Jarretts. Aber Hans Feigenwinter kopiert Vorbilder nicht, sondern destilliert aus deren Spiel einen eigenständigen Personalstil, dem es weder an Tiefgang noch an mitreissender Dynamik mangelt. Mit dem «konservativen Programm» von GAS (vgl. Kasten) beweist Feigenwinter endgültig, dass er zu den ganz grossen Jazzmusikern des «Findesiécle» gezählt werden muss.