Hans Feigenwinter, Pianist, Bänz Oester, Bassist, Norbert Pfammatter, Schlagzeuger

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Berner Woche

Georg Modestin, September 1999


Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review
Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review

Jazzstandards zum Verlieben
GAS stellt in der Dampfzentrale eine neue CD mit überzeugenden Interpretationen alter Songs vor.

Duke Jordan hat, Kenny Drew hat, Phineas Newborn hat, Wynton Kelly hat, Red Garland, Oscar Peterson hat, Andy LaVerne hat, Chick Corea har, Bill Evans hat gleich mehrmals, und viele andere haben auch, darunter neulich Hans Feigenwinter. Und das sind bloss die Pianisten, und bei weitem nicht sämtliche. Sie alle haben, aber was?

Sie haben – Bronislaw Kaspers zum Jazzstandard mutierten Song «On Green Dolphin Street» eingespielt. Womit auch gesagt ist, dass die Interpretation von Standards einem  nicht geringen Wagnis gleichkommt. Die versierten Hörer «kennen» nämlich ihre Evergreens von unzähligen früheren Versionen her: insbesondere, wenn es sich um einen solchen Publikums- und Musiker- liebling handelt wie «On Green Dolphin Street».
Die oben durchgespielte kleine rhetorische Übung liesse sich mit allen zehn Standards machen, welche das Trio Hans Feigenwinter (p), Bänz Oester (b) und Norbert Pfammatter (dr) auf seiner neuen CD «Great American Songs» (in der Reihe «Musikszene Schweiz» des Migros-Genossenschafts-Bundes/Musikvertrieb) aufgenommen hat; das Ergebnis wäre vergleichbar.

Feigenwinter, Oester und Pfammatter – kurz GAS: das Akronym steht für die Wörter des Albumtitels, bzw. dieser leitet sich vom Bandnamen ab – spielen also zehnmal mit der Erwartungshaltung ihrer Klienten. Dass diese nicht enttäuscht werden, und das trotz all den illustren Vorläufern, spricht für die drei: Für die gescheite Art nämlich, mit der sie ihr Material angehen. Auf spektakulär gemeinte, doch allzu oft nur grossspurig anmutende Dekonstruktionsversuche wird bewusst verzichtet; GAS halten sich im Gegenteil an vergleichsweise einfache Songversionen, die den Ausgangspunkt für dichte Gruppenimprovisationen bilden. Deren Resultate hören sich jeweils als intensives Dreiergespräch an, ohne hohle Deklamatorik, aber mit viel Substanz, die auch nach mehreren Hörgängen noch viel Bemerkenswertes hergibt.

Damit es so weit kommen konnte, mussten zwei Grundbedingungen erfüllt sein: die langjährige Vertrautheit der Musiker miteinander zum einen, und zum anderen die gemeinsame Faszination mit dem Song-Genre, ist doch die Beschäftigung mit einem Standard, so ein Berner Pianist sinngemäss, geradezu eine Lebensaufgabe. Zur konzeptuellen Geschlossenheit des Albums trägt überdies die überlegte Werkwahl bei: Nicht irgendwelche Standards werden aufgegriffen, sondern ausschliesslich Nummern, die ursprünglich, d. h. in diesem Fall in den dreissiger und vierziger Jahren, fürs Musiktheater oder den Film komponiert wurden, wobei es sich von selbst versteht, dass der Ausgangspunkt für die GAS-Interpretationen nicht die ursprünglichen Charts waren, sondern durch den Jazzgebrauch «entschlackte» Versionen. Auch das eine Möglichkeit, um mit der Tradition kreativ umzugehen.