Hans Feigenwinter, Pianist, Bänz Oester, Bassist, Norbert Pfammatter, Schlagzeuger

 Feigenwinter 

 Oester 

 Pfammatter 

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Basler Zeitung

Jürg Weibel, 6. Oktober 2001


Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review
Hans Feigenwinter, Bänz Öster, Norbert Pfammatter – Review

Das Feigenwinter-Oester-Pfammatter-Trio mit hervorragendem Postbob im «Bird's Eye»

Ausgereifter, ausbalancierter Formwille

Hans Feigenwinter ist jener Basler Jazzmusiker, der sein Talent in den letzten Jahren kontinuierlich dazu eingesetzt hat, in den verschiedensten Stilrichtungen zu experimentieren, wobei dem Pianisten die Trio-Formation dafür die grössten Freiheiten bietet. Stilistisch hat sich Feigenwinter in jüngster Zeit auf das weite Feld des Postbop begeben. Fast unglaublich mutet es da an, dass er vor einigen Jahren noch Ostinato-Figuren in der Salsa-Band Picasòn spielte.

Der Verwandlundsprozess des Musikers Feigenwinter ist unabsehbar und voller Überraschungen. Für die stilistische Entwicklung symbolträchtig war die Zuwendung Feigenwinters zum Great American Songbook (GAS), dessen Koordinaten er mittlerweile schon wieder gesprengt hat.

Am Donnerstag- und Freitagabend nun war Feigenwinter zusammen mit Bänz Oester und Norbert Pfammatter im Jazzkeller Bird’s Eye zu hören. Im Trio mit seinen alten Wegge-fährten Oester (Bass) und Norbert Pfammatter (Drums) fühlt sich Feigenwinter offensichtlich wohl. Spielfreude und gegenseitiges Verständnis sind Ausdruck des Eingespieltseins und zugleich Basis für einen Formwillen, der sich in Kompaktheit und Intensität äussert, welche dem Trio einen Platz auf dem Niveau der besten aktuellen Jazz-Trios überhaupt sichern.

Innerhalb der Gilde heutiger Hardbop-Pianisten fällt Hans Feigenwinter nicht nur durch eine quirlige rechte «Bud Powell-Hand» auf, die ultraschnelle Läufe präzis und luzid hinlegt. Bemerkenswert ist insbesondere seine lebendige, unabhängige linke Hand, die sowohl Begleitstrukturen setzt als nimmt und bis in unterste Register weiterentwickelt. Darin erinnert er an Phineas Newborn und Lennie Tristano in den fünfziger Jahren. 

Schlicht hervorragend war an diesem Abend im «Bird’s Eye», wie das Trio zwei Balladen, darunter die sehr schöne «Everything I Have Is You» intonierte und dabei seinen ausbalancierten, ausgereiften Formwillen offenbarte. Feigenwinter holte seine Melodielinien von weither, bis er beim Grundton einer jeweiligen Harmonie landete – Improvisationen, die locker und licht daherkommen. Oester zeigte in mehreren inspirierten Soli, warum er zu den besten Bassisten der Jazzszene zählt. Und Pfammatter, oft mit Besen oder subtil mit den Schlegeln am Werk, unterstützte das Gefühl der luftigen Leichtigkeit, das das Trio vermittelte, nach Kräften, wobei er in raschen Tempi auch ein kraftvoll zupackender Begleiter und Solist sein konnte.

Angesichts ihrer Darbietung darf man hier für einmal laut wiederholen, was Insider sich schon seit längerer Zeit bestätigen: Mit Hans Feigenwinter, Jean-Paul Brodbeck, Rodi Lakatos und Domenic Landolf, ist in Basel eine junge Jazz-Kultur entstanden, die vom Innovativen wie vom Handwerklichen und Künstlerischen her höchsten Ansprüchen genügen kann. Man muss heute nicht mehr neidvoll über die Grenze nordwärts schielen oder US-Jungstars bewundern. Die Basler Jazzszene, die im «Bird’s Eye» ein Schaufenster gefunden har, ist kreativ und lebendig und verspricht einiges für die Zukunft.